„Ob Johann Wolfgang von Goethe, Ludwig Tieck oder Joseph Eichendorff – alle durchwanderten den Wald auf der Suche nach dem Moment der wahren Empfindung, wo Mensch und Natur im Einklang sind. Im Märchen der Gebrüder Grimm ist der Wald Ort der Verlockung, aber auch des Verderbens: Unwiderstehlich leuchtet im Halbdämmer der Stämme das Knusperhäuschen, doch im Dickicht fladert auch der Widerschein des Hexenfeuers.
Im Wald finden wir zu den Empfindungen unserer Kindheit zurück. Baumhaus bauen, höher, immer höher, Erdhöhlen graben, tiefer, immer tiefer. All die schwankenden Kronen, an denen wir Ausguck hielten nach dem Leben, das auf uns zutoste. Heute kämen wir kaum bis zum ersten Ast. Aber wir können uns auf die bemooste Wurzel setzen und uns geerdet fühlen.
Die Stille im Wald ist uns Refugium vor lärmend kreiselnder Welt. Die Hölle ein piependes Großraumbüro, das Paradies eine Waldlichtung im Funkloch.“
(Quelle: Stern Nr.43/2015, Die Magie des Waldes, Stephan Maus, Textauszug)